Jenseits der Supermarktschlange finde ich die Wiener nach wie vor nett. So lange man jedenfalls als Deutsche nicht auf die Idee kommt, einen Stuhl, pardon Sessel, zu reservieren, auch nicht, wenn man nur kurz zum Kaffeeholen nach drinnen geht. „Wie die Poolliegen auf Mallorca“, diesen Satz habe ich bereits mehrmals gehört, dabei fahren die Österreicher doch viel eher nach Zadar oder Jesolo oder an den Millstätter See.
Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich für die Berliner Zeitung eine Hymne auf das gar nicht stinkende, ganz und gar entzückende Wien geschrieben. Inzwischen habe ich meine Meinung etwas revidiert. Leider kommen gastronomische Trends nämlich mit mehrjähriger Verzögerung hier an, legen einem Wirte trotz erklärter Nüchternheit die Weinkarte hin, und das mit dem Daten läuft irgendwie auch nicht so rund. “Immer das wollen, was du nicht haben kannst”, sagt meine Mama dazu, und vielleicht hat sie recht. Vielleicht muss ich mich aber auch gar nicht entscheiden. Stattdessen schreibe ich ab jetzt für die Berliner Zeitung eine Kolumne über mein Leben zwischen Wien und Berlin.