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New sincerity

Aus unserer beliebten Serie Filme, die man schlimm finden will, aber es klappt nicht: Terrence Malicks “Knight of Cups”. Story: nicht nachvollziehbar. Oder geht es um Peer Gynt? Anspruch: unerträglich prätentiös. Kameraführung: schlimmer als Fischauge. Frauenbild: wie schon beim letzten Mal eine Katastrophe. Nein, man kann nicht alles sein, was man will. Nein, Lebenskonzepte werden […]

Le monde n’est pas à nous

Es ist noch gar nicht lange her, da war Paris fabelhaft. Wie gemacht für verhuschte Träumerinnen à la Amélie Poulain. In diesen Tagen gleicht die Stadt wohl eher dem Schauplatz eines anderen Klassikers des cinéma française. Es ist das erste Mal, dass ich La Haine sehe. Und das mit großem Erstaunen: Eine solche Leichtigkeit hätte […]

Bei Shakespeare verlieben sie sich in Esel

– Siri, was ist Liebe? – Schau mal, was ich hier gefunden habe. – Nein Siri, ich will Deine Meinung wissen. Was glaubst Du, ist Liebe? – Ich bin nicht so sehr politisch, eher poetisch. Trottel der Gegenwart stellen ihrem Smartphone philosophische Fragen. Trottel der Zukunft verlieben sich in dessen Stimme. In Spike Jonzes Film […]

Die Poesie nicht-recyclebarer, mit Aktionsbrötchen (10 Stück 1,29 €) gefüllter, an Garagentoren baumelnder Plastiktüten

Erster Akt, erste Szene: Eine Bushaltestelle in der märkischen Provinz. Nur für sich inszeniert der Wartende die strenge Choreografie der Sinnlosigkeit. Warten, in der Erwartung, dass nichts passieren wird. Ein Blick nach links, eine minimalistische Körperdrehung, ein Griff zur Zigarettenschachtel, das fein austarierte Mienenspiel nur unwesentlich von der Reglosigkeit entfernt. Moritz von Uslar als Soloperformer […]

Männer sind nicht so. Frauen auch nicht

In einem fernen Land, wo Palmen wachsen und sich ein mattweißer Schriftzug über eine Hügelkette schlängelt, gebietet eine verhältnismäßig kleine Anzahl Leute über die Zukunft des Films. Jedes Jahr zur selben Zeit, wenn hierzulande noch Schnee liegt oder bestenfalls eine laue Brise auf den baldigen Frühling hoffen lässt, grübeln Schauspieler, Regisseure und Produzenten, welche Filme […]

“Geheiratet werden wollen.” Terrence Malicks bescheuerter Beitrag zum Feminismus

Terrence Malick ist der Anästhesist unter den Filmregisseuren. Ihm gelingt das seltene Kunststück, fragwürdige Botschaften mit so sphärischen Bildern zu unterlegen, dass man die Botschaften dahinter einfach schluckt. Am Ende seiner Filme ist es, als würde man aus einer Narkose aufwachen, schläfrig, benommen. “The Tree of Life” gehört definitiv zu den besten Filmen des Jahres […]

Deutschland, Deine Wurstgesichter

Inga Sandberg weint. Inga Sandberg weint? Dabei hatte man dieser Yuppieschnepfe bisher jegliche Gefühlsregung abgesprochen. Man hasst sie für ihre herablassende Art dem Kundenservice gegenüber und dafür, wie selbsgerecht sie sich auf dem Beifahrersitz des Mietwagens breitmacht. Die Welt um sie herum erträgt eine wie sie nur mit Spott. Und plötzlich das – Inga Sandbergs […]

Bist Du Fighter oder nicht?

Ein kleines Mädchen und eine nicht mehr ganz junge Frau. Ein Sumpfgebiet im US-amerikanischen Bundesstaat Lousiana und die Przewalskistraße in einem Wiener Randbezirk. Die eine heißt Hushpuppy, die andere Ruth Amsel (wer mit solchen Namen ins Leben geschickt wird, darf Besonderes erwarten). Beiden gemein ist ihre Kämpfernatur. Beiden gemein ist ihr poetischer Blick auf die […]

Wie man in den Wald hineinruft

Es ist Sommer, irgendwo in Texas. Die Hitze zerdehnt die Tage wie Kaugummi, dessen Geschmack bald fad wird. Vom Straßenrand aus schleudert ein Mädchen Teigklumpen auf vorbeifahrende Autos. Es handelt sich um jene Aufbackcroissants in Pappboxen, die Kinder aus intakten Familien an das sonntägliche Frühstück erinnern. Dieses Kind bastelt kleine Bomben daraus. Einer der getroffenen […]

Schalldämpfer lutschen!

Wer den kommenden Generationen beim Feiern zusieht, bekommt es leicht mit der Angst zu tun. “Wasted German Youth” lautet der Appell, was in der Praxis bedeutet, dass beim Tanzen schlaksige Körperteile umherfliegen, dass Gläser zu Bruch gehen und jugendliche Stimmbänder überstrapaziert werden. “Wir feiern nicht, wir eskalieren” – noch so ein dämliches Motto, ebenso wie […]

Kinder, war’n wir durchgeknallt!

In ganz Berlin ist der Sommer beschissen. In ganz Berlin? Nein – zwischen Ostbahnhof und Alexanderplatz, gibt es einen Ort, da scheint immer die Sonne. Das jedenfalls behauptet die Dokumentation “Bar 25 – Tage außerhalb der Zeit.” Für eine Handvoll Menschen war der schmale Streifen Land am Ufer der Spree nicht nur ein Draußenclub, in […]

Wie die Menschen

Zu den aufregendsten Kinderspielen gehört es, Insekten und anderes Kleingetier in ein Einmachglas zu sperren und zu beobachten, was passiert. Von der anderen Seite der Glasscheibe aus betrachtet das Kind diesen künstlichen Kosmos, von oben herab seziert es diese Welt en miniature. Möglicherweise spürt es zum ersten Mal den eigenen Blick auf das Fremde. Das […]

Reisen wie ein Bürger, denken wie ein Depp

Im Prinzip wartet man nur auf diesen einen Moment: Dass sich der, wenn man so will: Protagonist die getönten Gläser seiner völlig unironischen Spießerbrille nach oben klappt, weil doch alle dicken, weißen Männer auf Urlaub passend zu ihren Khakishorts so ein Ding auf der Nase haben. Lesebrille, Sonnenschutz, aus zwei mach eins! In der Summe […]

Glück im Unglück – Schwein gehabt

Mit Doris Dörrie verbinde ich früheste Kindheitserinnerungen. Mit sieben, acht Jahren gelangte das Buch “Lotte will Prinzessin sein” in meinen Besitz. Es handelte von einem Mädchen, Lotte, das, wie der Titel schon sagt, Prinzessin sein will. (Kennt jemand diese T-Shirts mit dem Aufdruck: „Aber Mami hat doch gesagt, heute bin ich die Prinzessin“? Auch super.) […]

Schönheit und Schrecken der dritten Dimension

Zu den Abwechslungen, die so eine Sommerfrische mit sich bringt (neue Getränke, von denen in Berlin noch nie jemand gehört hat: Hugo!; nostalgische Flashbacks: Löwenzahnmilch ist ein natürlicher Klebstoff für Gänseblümchenkränze!; soziologische Sensationen: Mickey Maus-T-Shirts, die sich über dicke Nachbarskinderbäuche spannen!), gehört in diesem Jahr ein 3D-Fernseher. Von Dingen dieser Art hat man schon gelesen. […]

Narziss und Toyboy

Manche Filme sind einfach schön. Obgleich man als Zuschauer deren perfide Mechanismen natürlich gleich durchschaut (Retro-Optik! Attraktive Darsteller! Perfekter Soundtrack!) lässt man sich davon einlullen. Xavier Dolan, Franko-Kanadier, bildhübsch, Darling des Indie-Kinos, schaut mit jenem sanften Blick auf die Welt, den der liebe Gott sich für die frankophonen Homosexuellen aufgespart hat. Manchmal kommt dieser Blick […]

Die allzumenschliche Komödie

The Boss of it all. Ein Film von Lars van Trier   Prolog: „Manchmal ist das Leben wie ein Dogma Film: Man versteht nicht alles. Manchmal ist das wichtig.“ Erster Akt: Schauplatz ist ein kleines IT-Unternehmen, das Personal stellen „die Sechs Alten“ (ein so schrulliger Eigenname, dass man sich gleich erinnert fühlt an die Drei […]

Frühling im Spätherbst in bömischen Dörfern

Neulich, morgens halb zehn in der Hauptstadt: Ein Pärchen im rüstigen Alter promeniert die Stralauer Alee entlang. Sie, Dauerwelle, Pelz (fake, vermute ich), strenges Minenspiel, schreitet mit energischen Schritten voran, gut zehn Meter vor ihrem Ehemann (ebenfalls reine Vermutung), Schnauzer, Übergangsjacke in unscheinbarstem Altherren-Grau, verschreckter Gesichtsausdruck, eine Handtasche (Vermutung: Ihre!) eng an den Oberkörper gepresst. […]

Vom Suchen und Finden der Körper

Zwei Körper in Nahaufnahme. Ein Paar, ineinander verschlungen, vertraut und ganz bei sich. Diese Liebe ist noch nicht erloschen, diese Körper sind noch füreinander gemacht. Nach einer kurzen Weile ist es vorbei. Schamvoll wendet der Mann sich ab, die Frau sucht ihn mit Gesten zu beruhigen. Später wird Kasimir sagen: Es ist wegen der Arbeit. […]

Vier ist einer zu viel

Ein Glücksfall von einem Film, so heißt es, ist so einer, dem es gelingt, die Befindlichkeiten der Gesellschaft widerzuspiegeln und, im besten Fall, gleichzeitig unterhaltsam zu sein. Drei von Tom Tykwer – Lola rennt, ein Klassiker, zu recht, aber für Heaven gibt es von mir standing ovations! – ist so ein Film. Deutscher Realismus hat […]

Eat up your Lynch cake

Zu den großen Fragen des Lebens gehört diese: Warum schmeckt gesund meistens nicht so gut wie ungesund? Schon ein Kind von wenigen Jahren hat verstanden, dass Schokolade glücklicher macht als Obst und fettige Pommes besser munden als Salzkartoffeln. Da helfen, so zumindest meine (noch nicht!) empirisch belegte Vermutung auch keine gut gemeinten Ratschläge wie: Mit […]

Was der Bauer nicht kennt

Heimatfilme – schon beim Klang des Wortes läuft es mir kalt über den Rücken. Sieht man allerdings von verstaubten Ananchronismen wie “Und ewig singen die Wälder” und “Der Sündenbock von Spatzenhausen” (kein Scherz!) ab und wirft einen Blick auf aktuelle Beispiele, lohnt es sich (wie so oft) seine Vorurteile zu überdenken. Spontan fällt mir da […]

Das Leben ist ein Blaubeerkuchen

Wenn es einen Soundtrack gibt für einsame Nächte in fremden Städten in unbekannten Bars, dann muss er von Tom Waits sein. Wenn es einen Film dazu gibt, dann ist das „My Blueberry Nights.” Zunächst einmal ein freimütiges Bekenntnis. Als große Anhängerin eben jener einsamen Nächte in fremden Städten in unbekannten Bars liegt mir die Thematik […]

Ganz großes Kino

Es gibt Filme, die man, nach seinen all-time-favourites gefragt, spontan mit stolzgeschwellter Brust aufzählt. Das variiert interessanterweise enorm, abhängig davon, in welcher Art von Gesellschaft man sich gerade befindet. Richtig anstrengend kann das werden, wenn man sich mit Studenten der Filmwissenschaft unterhält, da wird einem ganz schwindlig von all den Dogma-Titeln und Film Noirs und […]

Are you interested in poetic non-storylines by any chance?

Eine Frage vorab: besteht die größte schauspielerische Leistung darin, über ein möglichst breitgefächertes Repertoire von Mimik zu verfügen oder den einen Gesichtsausdruck über eine Stunde und siebenundzwanzig Minuten beizubehalten? Letzteres kann Lone Man ganz gut. So gut, dass man sich mit hoher Wahrscheinlichkeit an die völlige Ausnahmesituation erinnert, an die Szene nämlich als der Hauptdarsteller […]