Das Kribbeln kommt spätestens in dem Moment, in dem wir die Plastiktüte aufreißen. Wenn man nicht so genau hinsieht, könnte es beinahe eine Ray Ban sein! Ist es aber nicht, hat auch nur einen Euro fünzig gekostet. Es ist nämlich eine 3D Brille, denn wir schauen uns jetzt einen Film in 3D an. Nicht “Avatar”, soweit geht die Bereitschaft, die Anspruchsschwelle zu senken an diesem Freitagabend nicht, sondern “Alice im Wunderland.” Schon die Werbung knallt uns total weg, da sieht plötzlich sogar das Logo eines Sportwagenherstellers sehr fancy aus.
Und dann der Film! Erste Enttäuschung: Die Story hat nur noch in Ansätzen etwas mit dem Original respektive dem Disneyfilm gemein (“Disney hat mir unrealistische Vorstellungen von Liebe (?) vermittelt-“). Ich kann nicht aufhören, auf Alices Brüste zu starren – war sie nicht eigentlich sieben Jahre alt? Bei genauer Betrachtung ist die ein oder andere Anspielung zu erkennen- wie war das noch mit Leviathan? “Es ist besser gefürchtet als geliebt zu werden”, ruft die böse Herzkönigin und bittet um ein Schwein, damit das ihre Verspannungen in den Füßen lindert (ich frage mich, wie sich verspannte Füße wohl anfühlen). Dann: Auftritt Dideldei und Dideldum und der erneute Befehl: “Sag etwas! Los, sag etwas Lustiges!” In Anbetracht des anwesenden Schweins drängt sich der Vergleich zu Godot gerade zu auf. Dann ist da noch die gute Schwester der Herzkönigin, die wohl auch der Fantasie von Burton entspringt, die sehr magersüchtige, sehr unvorteilhaft geschminkte Anne Hatheway. Der Running Gag besteht darin, die Physiognomie ihrer Schwester auf deren übergroßen Kopf zu reduzieren, dabei ist klar, dass das Problem eher bei Anne liegt. Auch deren Ausdrucksweise ist irritierend oder die Übersetzung hat bei “Fahr wohl, Alice!” wohl nicht so ganz geklappt.
Zügig steuert die Handlung auf den Endpunkt zu; das Mädchen hinter uns hat offensichtlich schon zu viel von dem Didelumdings getrunken, denn sie hängt Kopf über auf dem Sitz vor ihr, die Haare sind ihr ins Gesicht gefallen und in Kombination mit der Ray Ban versetzt uns dieser Anblick in Entzücken. Alice kämpft währenddessen in einer fetischartigen Ritterrüstung gegen das Tier mit dem keinesfalls zu erinnernden Namen. Sie gewinnt und ich stelle mir vor, wie man die Rüstung mit spitzen Ausbuchtungen im Stil von Gaultiers Outfit für Madonna noch weiter ausreizen hätte können.
Die 3D-Sache entschädigt für vieles. Trotzdem komme ich zu dem Entschluss, dass der Film von Disney unübertrefflich bleibt. Beim Rausgehen laufen wir zielstrebig am Schild vorbei, auf dem steht: “Bitte geben Sie hier Ihre Brillen ab!” Damit werden wir noch viel Spaß haben.